In zehn Jahren findet die Bundesgartenschau am Mittelrhein statt. Wir schauen uns daher die Buga 2019 in Heilbronn mit besonderem Blick auf die Planung und Organisation an. Unser Besuch ist am 22.9.2019, genau zwei Wochen vor dem Ende der Buga. Bei Kaiserwetter sind knapp 10.000 Leute im Gelände unterwegs, was sich einigermaßen gut verteilt. Die Gastronomie-Anbieter sind von dem Ansturm allerdings etwas überfordert, aber die Wartezeiten sind insgesamt überschaubar, das Essen ist lecker und ohne Besteck gut genießbar. Ich freue mich, dass die Buga so viele Leute anzieht. Das Buga-Gelände ist direkt hinter dem Hauptbahnhof und zieht sich den Nekar entlang in den Norden der Stadt. Vermutlich war es vorher von der Bahn genutzt und kann jetzt als neuer Stadtraum erschlossen werden.
Der Neckar grenzt mit einem leicht sumpfigen Ufer an die Stadt. Daher wurde ein langer, komfortabel breiter Holzssteg angelegt, der es erlaubt, direkt über dem Wasser entlang zu wandeln und gleichzeitig die Pflanzen- und Tierwelt des Ufers und des Neckar zu betrachten. Eine charmante Lösung, die auch lange nach der Buga wertvoll sein wird. Das Hauptgelände ist ein Keil, der sich zwischen dem Bahnhof, einer neuen Wohnbebauung und einer Haupt-Einfallsstraße einkeilt. Zur Straße wurde ein hoher Wall aufgeschüttet, der das Gelände vom Lärm und von den Industriegebäuden dahinter abschirmt. Das Kohlekraftwerk von EnBW ist natürlich gut sichtbar, aber es ist zum Glück weit genug entfernt. Die neue Wohnbebauung sind fünf mehrgeschossige Würfel, deren Wohnungen einen fantastischen Blick auf das Gelände haben. Die Fassaden sind ansprechend gestaltet. Das Gelände selbst wird vermutlich nach der Buga öffentlich nutzbar sein und damit das Areal enorm aufwerten.
Der Grundgedanke der Gestaltung ist es, aus dem relativ kleinen Areal möglichst viele Blickwinkel und viel Intimität herauszuholen. Dazu wurden große Dünen aus Sand und Splitt aufgeschüttet, die sich wie Wellen ablösen und immer wieder Einblicke ermöglichen. Teilweise verlieren sich zwischen diesen Wellendünen mit Rasenabdeckung schöne Pflanzungen, teilweise verlieren sich dort auch Wege. Die Gestaltung ist sehr aktivierend, lädt zum Entdecken ein. Kinder rollen sich johlend die Grashänge herunter.
Wesentlicher Teil dieser Dünenbepflanzung ist der Einsatz von Stauden aus wasserarmen Standorten. Allen voran viele Disteln, Gräser und Küstenpflanzen wie etwa Meerkohl. Die Pflanzen dürfen sich in einigen Teilen wild versamen, was dem Areal sicher viel Dynamik bringen wird. Dieses Blackbox-Gardening wird jedes Jahr anders aussehen. Ergänzt werden diese Trockenareale durch bewässerte Teile, in denen durstigere Pflanzen ihre Blüten zeigen dürfen. Dahlien, Zinnien, viele Gräser und Zierkohlarten schaffen lange Pflanzwellen mit üppigem Blütenschaum. Genau das dürften die meisten Bugabesucher erwarten.
Besondere Hightlights waren für mich der Pilzgarten und der interkulturelle Garten. Im Pilzgarten wurden auf Totholz verschiedene Pilze gezüchtet, dazu gab es einen abgedunkelten Überseecontainer, in dem viele lichtscheue Pilzarten kultiviert und betrachtet werden können. Eine hervorragende Ergänzung zum Thema Pflanzen. Ich hätte mir hier auch noch die Erweiterung von den Speisepilzen weg zu den Kompost- und Bodenpilzen vorstellen können.
Der interkulturelle Garten besteht aus vielen kleinen Teilgärten. Jeder Garten wurde von einer Person gestaltet, die einen interkulturellen Hintergrund hat. Den Gärten tut das gut durch den Einsatz eher unbekannter Pflanzen wie Okra-Schoten oder verschiedenen Maissorten. Die Gärten bringen immer ein Stück Heimat mit und lösen bei den Besuchern lebhafte Diskussionen aus, wofür denn welche Pflanze zu nutzen sei und wie man Flaschenkürbisse am besten schält.
Auch die Buga 2029 präsentiert sich hier mit einem Stand. Allerdings findet sich der Stand etwas stiefmütterlich am Rand und lässt so gar nichts von seinem Namen erkennen. »Romantischer Rhein« steht im Lageplan, gezeigt wird eine Plattform aus Holz mit Spalierobst und Gräsern, dazu ein Thron, der offenbar zum Selfie herausfordern soll. Etwas erratisch und nicht direkt romantisch. Als Vergleich präsentiert sich die Region Bodensee mit einem harmonischen Stand, reich bepflanzt und üppig blühend, ergänzt um einen Wasserteil mit Goldfischen.
So kurz vor Ende der Buga sind Lücken in manchen Pflanzungen nachvollziehbar. Der Gesamteindruck war immer noch sehr überbordend. Weniger verständlich hingegen sind Lücken in der Wegführung auf dem Gelände und zum Gelände hin. Sobald man das Gelände verlässt, findet die Buga quasi nicht mehr statt. In der Innenstadt von Heilbronn taucht die Buga gar nicht mehr auf. Auf dem Gelände selbst sind zwar zahlreiche Wegweiser angebracht, allerdings mit so kleiner Schrift und so kleinen Piktogrammen, dass viele Besucher mit hochgehaltener Brille versucht haben, die Schilder zu enträtseln.
Schlussfolgerungen für die Buga 2029 im Mittelrheintal
Das Interesse ist in der Bevölkerung ist da, auch an unkonventionellen Pflanzungen wie etwa die Rugosa Rosen in den Dünen oder die Pilzsammlung. Wichtig ist eine sehr logische Besucherführung und sehr viel Vorlauf. Die Parkplätze waren offenbar nicht ganz fertig geworden, sodass viele Familien ihre Kinderwagen mit vereinten Kräften eine steile Böschung hinaufwuchten mussten. Es braucht viele fototaugliche Mitmach-Aktionen, zu vermeiden sind Fernseher und Displays im öffentlichen Raum. Rückzugsorte zum Entspannen sind sehr wichtig sowie zurückhaltendes Sponsoring. Die Buga in Heilbronn hat mit über 2 Millionen Besuchern die Erwartungen erfüllt, und das auf sehr kleiner Fläche mit wenig Wechselwirkungen zur Umgebung. Das Potenzial für eine Buga im Mittelrheintal mit sehr viel mehr Flächen und mehr Wechselbeziehungen zu Burgen, Stadtmauern und natürlich dem Rhein dürfte um einiges höher sein.